Oft wird die Frage nach dem Sinn hinter einem Qualitätsmanagement-System im Speziellen und ausführlichen Dokumentation im Allgemeinen gestellt. Dabei müssen wir zwischen Vorgabedokumenten und Nachweisdokumenten unterscheiden. Vorgabedokumente betreffen zum einen das Unternehmen, wie beispielsweise eine festgeschriebene Unternehmensphilosophie, Organigramme und Qualitätsziele. Zum Anderen festgelegte Spezifikationen für die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens. Nachweisdokumente dagegen geben beispielsweise Auskunft über die Konformität der Produkte und Dienstleistungen oder über die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems. Beispiele dafür sind Auditberichte, Messprotokolle oder Checklisten.

Gerade von den Praktikern eines Teams hört man immer wieder solche oder ähnliche Aussagen. Wichtig ist es, diese nicht abzutun, sondern sorgfältig und objektiv zu prüfen. Denn natürlich will niemand kostbare Ressourcen wie Zeit und Geld verschwenden, indem er sinnlos dokumentiert nur der Dokumentation wegen. Hier lohnt ein Blick hinter die Kulissen:

Was passiert mit den dokumentierten Informationen?

  • Sind sie als Nachweis der Konformität für den Kunden wichtig?
  • Belegen sie die Erfüllung von Normen oder Gesetzen?
  • Dienen sie als Richtwerte für weitere Produktionsschritte?
  • Werden sie benötigt um fundierte Entscheidungen treffen zu können?

Lautet die Antwort ja? Dann sollten wir diesen Prozess beibehalten.

Das heißt aber nicht, dass nicht noch Potential zur Verbesserung vorhanden wäre.

Für einen schlankeren Prozess sollten wir uns folgende Fragen stellen:

  • Können Daten auch automatisiert erhoben werden?
  • Lässt sich das Sammeln von Daten und Informationen in bereits vorhandene Prozesse integrieren?
  • In welchen zeitlichen Abständen ist eine Datenerhebung für das gegebene Ziel notwendig?
  • Welche Messtoleranzen sind akzeptabel?
  • Welche Daten und Informationen werden tatsächlich ohne Not erhoben und gibt es hier Einsparpotential?

Zurück zu den Zitaten

„Das kostet nur unnötig Zeit“ – Natürlich kann das Sammeln von Daten und Informationen sowie deren Dokumentation eine zeitaufwändige Angelegenheit sein. Umso wichtiger ist es, diese Tätigkeit auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Stellt sich heraus, dass diese Notwendigkeit gegeben ist, prüfen wir, ob die Informationen und Daten nicht schneller, einfacher und sicherer erhoben und dokumentiert werden können. Im Idealfall ganz ohne menschliches Zutun. Ist beispielsweise eine Messeinrichtung mit einer EDV gekoppelt, reicht es möglicherweise grobmaschig die Messergebnisse zu verifizieren um die Zuverlässigkeit des Systems zu prüfen und gegebenenfalls Kalibrierungen vorzunehmen.

„In der Zeit bleibt die eigentliche Arbeit liegen“ – Oftmals sind dokumentierte Informationen ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten eigentlichen Arbeit oder führen zumindest zu deren Anerkennung. Bei der Auslieferung von Produkten sind häufig Messprotokolle und ähnliche Produktunterlagen fester Bestandteil. Im Dienstleistungsbereich werden Nachweisdokumente benötigt um die Erbringung der Leistung nachzuweisen.  Ohne solche Unterlagen wäre es oft gar nicht möglich festzustellen ob die Vertragsbedingungen erfüllt wurden.

„Wir dokumentieren nur fürs Archiv“ – Abgesehen von der Tatsache, dass Arbeitszeit und somit Geld in Wertschöpfung besser investiert sind, wirkt es sich auch negativ auf die Motivation Ihrer Mitarbeiter aus, Daten zu erfassen, die letzten Endes gar nicht benötigt werden.

Hinweis:

Nur wenn Ihre Mitarbeiter den Sinn der Dokumentation und Datenerfassung verstehen, werden sie diese auch gewissenhaft umsetzen.

Drei Gruppen

Grundsätzlich lassen sich bei Unternehmen und Mitarbeitern die Haltungen zu QM und Dokumentation in drei Gruppen einteilen:

  1. Sie müssen aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Auflagen, Kundenanforderungen oder sonstiger zwingender Gründe einen bestimmten Standard erfüllen, wie zum Beispiel ein zertifiziertes QM-System nach ISO 9001.
  2. Sie haben aus eigenem Antrieb eine systematische Betriebsorganisation eingeführt, weil sie die Vorteile für sich erkannt haben. Hier werden tendenziell auch regelmäßig Verbesserungen durchgeführt und die Wirksamkeit des Systems überprüft.
  3. Sie stehen systematischer Betriebsorganisation, Qualitätsmanagement und Dokumentation skeptisch gegenüber.

Der Charme der Vorgabedokumente

Für die Gruppe der Skeptiker gibt es ein paar Argumente trotz aller Vorbehalte ein gewisses Maß an Dokumentation zu betreiben.

Personalfluktuation – Wechselt das Personal häufig, geht mit jedem Mitarbeiter auch immer ein Stück Kompetenz. Jeder neue Mitarbeiter muss mühsam eingearbeitet werden. Dokumentierte Arbeitsabläufe können die Auswirkungen dieser Problematik abschwächen. Wichtiges Knowhow geht nicht mit ausgeschiedenem Personal verloren, sondern verbleibt im Unternehmen und ist für die Einarbeitung der nächsten Generation sofort verfügbar. Im Optimalfall können sich Arbeitskräfte anhand von detaillierten Prozessbeschreibungen größtenteils selbstständig in ihr neues Tätigkeitsfeld einfinden.

Fachkräftemangel – Wo ausgebildetes Fachpersonal aufgrund eines Engpasses durch geringer qualifizierte Arbeitskräfte ersetzt oder unterstützt werden muss, kann es den entscheidenden Unterschied machen, ob diesem Mitarbeiter exakte Arbeitsanweisungen zur Verfügung stehen.

Haftung – Haftungsrisiken, die aufgrund sogenannter Organisationsverschulden entstehen, können wirksam dadurch vermieden werden, im Voraus Rollen, Befugnisse und Verantwortlichkeiten in der Organisation zu bestimmen. In der Regel geschieht dies zum Beispiel durch Organigramme, Stellenbeschreibungen, Dienstanweisungen und vieles mehr.

Notfälle – Produkte oder Dienstleistungen, die die Anforderungen nicht erfüllen, müssen häufig korrigiert, ausgesondert oder gesperrt werden. Zudem ist häufig die Information des Kunden notwendig. Wenn zum Beispiel durch Ausfall von Mitarbeitern oder technischer Anlagen Prozesse gestört werden, kann dies auch erfahrene Mitarbeiter schnell an ihre Grenzen bringen. Abhilfe und Handlungssicherheit bieten hier schnell verfügbare Notfallpläne.


„Nur was dokumentiert ist, wurde auch gemacht“

Diesen Satz hört man immer wieder, wenn es um Nachweisdokumente geht. Gerade in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeitet man gerne mit Checklisten. So ist zum Beispiel jederzeit nachvollziehbar, ob relevante Kontrollen durchgeführt wurden. Werden Dienstleistungen erbracht, deren Resultat nicht unmittelbar und offensichtlich für den Kunden erkennbar ist, sind detaillierte Tätigkeitsberichte ein wichtiges Instrument, um die erbrachten Leistungen und deren Wert nachvollziehbar zu machen.

Fazit

Ein QM-System kann wertvolle Hinweise für Ihre Dokumentationspflichten liefern, auch wenn Ihnen dies nicht durch Kunden, gesetzliche oder behördliche Auflagen auferlegt wurde.

So bleiben Ihre Prozesse im Fluss!